Zusammenfassung
Hintergrund Seit langem wird die Notwendigkeit einer augenärztlichen Vorsorgeuntersuchung im
Vorschulalter kontrovers diskutiert. Das Ziel unserer Erhebung war die Erfassung der
Prävalenz pathologischer ophthalmologischer Befunde in einer Reihenuntersuchung von
Kindergartenkindern. Desweiteren sollten durch die Studie der zeitliche Aufwand und
die Kosten einer Siebtestuntersuchung abgeschätzt werden und die Frage zur Diskussion
gestellt werden, ob die Ergebnisse der Reihenuntersuchung ein Screening durch Augenarzt
und Orthoptistin rechtfertigen.
Probanden und Methode An 12 Kindergärten des Saar-Pfalz-Kreises wurde insgesamt 1030 Familien eine freiwillige
Reihenuntersuchung ihrer Kinder auf Strabismus, Refraktionsanomalie und Amblyopie
angeboten. Erhebungs- und Untersuchungsmethoden: Fragebogen an die Eltern zur Augen-,
Familien- und Allgemeinanamnese, Visus Ferne (C-Test 17,2′), Abdecktest, Lang-Stereo-Test
I, Skiaskopie und Ophthalmoskopie bei spielender Pupille, Brillenbeurteilung. Die
Untersuchung erfolgte im Kindergarten ohne die Anwesenheit der Eltern.
Ergebnisse Die Siebtest-Untersuchung wurde von den Eltern gut akzeptiert (n=948; 92%). Bei der
Reihenuntersuchung selbst fand sich eine gute Mitarbeit der Kinder. Insgesamt waren
38,7% (n=381) der Kinder in einem oder mehreren Untersuchungsparametern auffällig.
Visus: 24,1% (n=229) der Kinder hatten (auch mit Brille) eine Visusreduktion. Bei
3,7% (n=35) fand sich ein Strabismus. Von den 381 auffälligen Kindern waren über die
Hälfte anamnestisch voruntersucht, aber bei nur einem Viertel war eine Behandlung
eingeleitet worden. Von den Brillenträgern kam ein Viertel ohne Brille zur Siebtestuntersuchung,
bei einem weiteren Viertel stimmte die getragene Brille nicht. Nachteile dieses Untersuchungsverfahrens:
hoher Zeitaufwand (32 Vormittage à 4-5 Stunden), hohe Kosten durch die augenärztliche
Beteiligung und durch den großen Anteil falschpositiver Befunde und somit unnötiger
Nachuntersuchungen.
Schlußfolgerungen Augenärztliches Screening bei Kindergartenkindern ist technisch einfach und auch
außerhalb einer Augenarztpraxis praktisch gut durchzuführen. Überlegungen zur Kostendämpfung
und zur Vermeidung unnötiger Überweisungen sind beispielsweise eine altersentsprechende
Senkung des Visuslimits; zudem könnten auffällige Kinder ein weiteres Mal in einem
Siebtestverfahren untersucht werden und erst bei erneut auffälligen Befunden zu einem
Augenarzt geschickt werden. Ein Verzicht auf den Augenarzt bei der Siebtestuntersuchung
würde ebenfalls erhebliche finanzielle Mittel einsparen. Die untersuchende Person
könnte stattdessen eine ”Screening-Orthoptistin” mit ergänzenden Fertigkeiten in der
Ophthalmoskopie und Skiaskopie sein.
Summary
Background There are controversies concerning the necessity of pre-school vision screening.
Aim of the study: evaluation of the prevalence of pathologic ophthalmologic findings
in kindergarten children.
Materials and Methods 1030 families were offered a vision screening. Of these, a total of 948 children,
aged 3 to 6 years, voluntarily underwent a screening for strabismus, amblyopia and
refractive anomalies. The examination was performed in the kindergarten in the absence
of the parents.
Methods of examination A questionnaire concerning general and ophthalmologic history of the child and of
the family was evaluated. Visual acuity, cover-uncover-test, Lang-stereotest, retinoscopy,
ophthalmoscopy (undilated pupils) were performed and the glasses were evaluated.
Results The screening was highly accepted by the parents and 92% of the families (n=948)
took part. The compliance of the children was very good. A total of 38.7% (n=381)
of the children showed one or more abnormal parameters. 21.4% (n=229) showed a reduced
visual acuity. Strabismus was found in 3.7%. Half of the children with abnormal findings
already had had a vision screening, but only 25% had received ophthalmologic treatment.
Of those who possessed glasses, 25% came without them, and another 25% had a reduced
visual acuity even with their glasses. The main problems were many false-positive
results and high costs.
Conclusions Ophthalmologic and orthoptic screening in kindergarten is technically easy and conclusive
in experienced hands. Ideas to reduce costs and to avoid overreferrals are an age-related
lowering of the visual acuity limit and a rescreening of suspected children in a screening-setting
a second time before sending them to an ophthalmologist. Another possibility to reduce
costs would be to perform examinations not by ophthalmologists but by “screening-orthoptists”
who should be trained in retinoscopy and ophthalmoscopy.
Schlüsselwörter
Screening - Visus - Strabismus - Amblyopie - Refraktionsfehler - Kindergarten - Kind
- Prävention - Sehbehinderung - Kosten
Key words
Screening - visual acuity - strabismus - amblyopia - refractive error - kindergarten
- child - prevention - visual impairment